Dieses Wochenende feiern wir Weltstricktag und zu diesem Anlass möchte ich Euch von meinem Besuch im Museum Bellerive in Zürich berichten.
Das Wetter war gerade richtig für einen Museumsbesuch, als mein Mann und ich uns auf den Weg nach Zürich machten zur Ausstellung "Neue Masche - gestrickt, gestickt und anders". Ich gebe gleich zu, dass mein Verhältnis zur modernen Kunst ein zwiespältiges ist und stehe dazu, dass ich einiges weder interessant noch gelungen finde - daher will ich hier auch keinen umfassenden Überblick zeigen, sondern die Stücke, die mir persönlich zugesagt haben.
Die Titelgestaltung im Eingangsbereich (siehe oben) hat mir bereits sehr gut gefallen und war vielversprechend.
Isabel Berglund - Wall of Stiches - Baumwollgarn gestrickt (2005)
Hier hat mir besonders gefallen, dass die Künstlerin die Stricksachen unbeweglich macht, denn normalerweise werden Strickstücke gestrickt (oft auch schon unterwegs), angezogen und man geht davon. Hier aber kann man zwar beispielsweise den Schal (ganz rechts) umlegen, aber weglaufen ist nicht drin, was mir wieder einmal richtig vor Augen geführt hat, wie mobil und zeitgemäss unser Hobby eigentlich ist.*
Sebastian Schönheit - 300 - Polyamidseil (2008)
Hach ja, die überdimensionalen Maschen gefallen mir einfach. Es ist für mich immer noch ein kleines Wunder, wie aus einem Strang diese wunderbar geflochtenen Maschen werden, die ich so schön finde. So ein grosser, handgestrickter Teppich könnte ich mir direkt im Wohnzimmer vorstellen (aber das werde ich meinem Mann (noch) nicht verraten).
Theresa Honeywell - Everything nice - Acrylgarn über Motorrad (2006)
Ein wunderbares Beispiel dafür, dass man alles stricken kann, was man möchte. Ist das nicht toll?
Christien Meindertsma - Aran Rug - 100% Wolle von der Insel Texel (2008)
Hier sind wir wieder bei den wunderbar grossen Strickstücken - mehr braucht es nicht für ein Kunstwerk.
Senior Design Factory - Oversize - Strickarbeit (2008)
Diese ebenfalls etwas grössere Socke entstand als Diplomarbeit von Debora Biffi und Benjamin Moser, zusammen mit zehn Seniorinnen aus dem Altersheim Limmat in Zürich. Nun gut, die Socke kann man nicht anziehen, aber diese strick-generationenübergreifende Zusammenarbeit finde ich sehr spannend.
Joana Vasconcelos - Emmanuelle - Fayence bemalt, Baumwolle gehäkelt (2007)
Diese Künstlerin hat mehrere Wahrzeichen Portugals wunderschön zusammengebracht - Stiere, Häkelarbeiten und wohl auch Fayence. Besonders gefällt mir hier, dass der Stier, der für Stärke und Wildheit steht, verbunden wird mit zarten Maschen.
Der oder die Künstlerin möge mir verzeihen, aber ich kann die Angaben zu diesem Werk nicht finden. Ich erinnere mich an mein Staunen, als ich den komplett gestrickten Bundestag in Berlin an dieser Ausstellung fand und habe über meiner Begeisterung wohl die entsprechenden Notizen vergessen. Was man auf dem Foto nicht so gut erkennen kann, ist die naturgetreue Darstellung der Glaskuppel aus silbrig-glänzendem Faden. Das Werk hängt an einem dünnen Draht von der Decke, schwankt und dreht sich, wohl auch nicht ganz zufällig.
Patricia Waller - Domestic Help - Wolle, Häkelarbeit (2006)
Das Staubsaug-Elefäntli fand mein Mann sehr gelungen (staubsaugen mag er nicht besonders), so einen hätte er wohl auch gerne.
Karen Norberg - The Knitted Brain - Baumwolle (1993)
Die Künstlerin ist Psychiaterin und hat ein Jahr damit zugebracht, das menschliche Gehirn in anatomisch korrekter Weise in Wolle darzustellen. Wie gesagt, es gibt nichts, was man nicht stricken kann...
Der gnittinK Room (2011), Rüdiger Schlömer
Es gab natürlich auch einen kreativen Strickraum... Aber so stark wollte ich die Geduld meines Mannes dann doch nicht auf die Probe stellen.
Insgesamt eine sehr gelungene Ausstellung mit einigen sehenswerten Stücken. Gefreut hat mich an den Werken auch, dass sie von verschiedenen Künstlern an verschiedenen Orten und Zeiten entstanden sind, sie sich also nicht speziell für diese Ausstellung mit dem Thema "Maschen" auseinandergesetzt haben.
Die Ausstellung ist noch bis am 24.07.2011 im Museum Bellerive zu besichtigen. Weitere Informationen gibt es
hier.
Ich wünsche allen Strickerinnen und Handarbeitenden viel Spass am Weltstricktag und ein interessantes, kreatives nächstes Jahr und Euch allen ein schönes Pfingstwochenende.
* Nicht, dass es uns auch nur im Geringsten vom Stricken abhalten würde, wenn es weniger oder gar nicht modern wäre ;-)