7. Juni 2014

Edelweiss & Kirschblüte

Diese Woche hatte ich die Gelegenheit, an einer Führung im Textilmuseum St. Gallen teilzunehmen und die neue Sonderausstellung Edelweiss & Kirschblüte zu besuchen. Der vielversprechende Titel versprach nicht zu viel, daher freue ich mich, Euch einen Einblick zu geben, wie die Kirschblüten in Japan die Gestaltung des Edelweiss in der Textilindustrie im viele Kilometer entfernten St. Gallen beeinflussten.


In Japan hat die Papierkunst eine lange Tradition und daher erstaunt es nicht, dass diese golddurchwirkten Gewänder ebenfalls auf dieser Kunst beruhen: vergoldetes Papier wurde in dünne Streifen geschnitten, so dass damit gewoben werden konnte. Wie dies heute mit modernsten Mitteln gemacht wird, könnt ihr etwa hier lesen. Solch tolle Stoffe sind mit dieser Technik entstanden (hier Tücher aus japanischen Tempeln):

 

Die Symbolik der Stoffe und Gewänder ist ein weiteres grosses Kapitel: auf diesem Frauengewand zu sehen sind Peonien (das hat mich sehr gefreut, eine meiner Lieblingsblumen ist in Japan die Königin der Blumen), Wellen und Luftgestalten. Sowohl Wellen wie auch Luft sind Glückssymbole und natürlich ausserdem wunderschön anzusehen... Zu beachten ist auch, dass die unten sichtbaren, bestickten Börtchen an den Ärmeln auf der Rückseite die "schöne" Seite haben, weil diese Seite vorne sichtbar ist, wenn die Trägerin die Hände zusammenfaltet.  


Die st. gallischen Kaufleute brachten allerdings vor allem zahlreiche Teile von Gewändern und Stoffen mit, die einfach abgetrennt wurden, manchmal fast schon winzige Stücke - sie interessierten sich für die Details, die Herstellungsweise und wollten sich natürlich durch Muster inspirieren lassen.

Hier trifft die Redensart, Malen mit Nadel und Faden, wohl mehr als sonst irgendwo zu. Diese handgemachten Bordüren sind etwas vom Schönsten, was ich je gesehen habe:


Ein recht grosser Teil der mitgebrachten Stoffe wurde als Geschenkverpackung verwendet. Geschenke haben eine grosse traditionelle Bedeutung und offenbar war die Verpackung fast noch wichtiger als der Inhalt, so gibt es in der Ausstellung einige handgestickte Tücher, die als "Geschenkpapier" verwendet wurden. 


Das Museum verfügt auch über eine grosse Sammlung von katagami-Druckschablonen. Die Schablonen bestehen aus mehreren Schichten - man ahnt es schon - Papier, die mit dem Saft der Kakifrucht verklebt wurden.  Die Schablonen werden auf den Stoff gelegt und die Farbe wird als Paste aufgetragen, so überträgt sich das Muster auf den Stoff.



Meine Vorfreude auf meinen Stoffdruck-Kurs ist damit gerade noch mehr gestiegen!

Die mitgebrachten Muster und Stoffe waren eine grosse Inspiration und führten nicht nur zu einem Asien-Boom in der westlichen Welt, sie beeinflussten auch die Art und Weise, wie traditionell schweizerische Motive dargestellt wurden. Die traditionellen Edelweiss etwa, die mit spitzen, einzelnen Blättern und Blüten dargestellt worden waren, wurden plötzlich verspielt, weich, rund dargestellt.


Zu guter Letzt findet sich eine von den Katagami inspirierte Installation der Hochschule Luzern - sie erinnert an japanische Trennwände und gibt Impulse dafür, wie die alten, traditionellen Muster in modernen Bauten, etwa in Fliessen, Tapeten, Steinen oder Balkonbrüstungen eingesetzt werden könnten.


Eine wundervolle Ausstellung, die noch bis am 30. Dezember in St. Gallen zu sehen ist. Ich wünsche Euch ein wunderschönes, sommerlich-sonniges Pfingstwochenende!


Der heutige Beitrag für viel Inspiration und noch mehr Farbe im Leben:

http://design-seeds.com/index.php/home/entry/citrus-hues2


1 Kommentar:

Schön, dass Du vorbeischaust - lieben Dank für das Hinterlassen netter Worte!

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...